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26.09.2003 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Mißmutig blättere ich im neuen 'Hacker's Havoc'. Auf jeder dritten Seite sind großflächige Werbeanzeigen für coole DVD-Jukeboxen, riesige LCD-Displays und die neueste Ripper- und Cracker-Software abgebildet. Und was hat der B.A.f.H.? 
Eine läppische 24" Röhre, die mein halbes Zimmer beansprucht, nebst uraltem VCR und DVD-ROM. Das ist eines wahren Bastards einfach nicht mehr angemessen! 
Ich gucke wieder in mein 'Hacker's Havoc'; hier: ein 36"-LCD-Schirm als Sonderangebot für nur 3900 Mäuse. Praktisch geschenkt! Der Haken ist nur, daß auf allen unseren Projektkonten nur noch sogenannte 'sachgebundene Gelder' geparkt sind. Das bedeutet, daß das Geld nur für den dafür vorgesehenen Zweck ausgegeben werden darf (hat man so einen Blödsinn schon gehört!), und noch schlimmer, daß ich jede Anschaffung durch den Direktor genehmigen lassen muß! 
Kurz entschlossen greife ich zum Telefonhörer und lasse mich von Frau Bezelmann mit dem Direktor verbinden (bei allen Telefongesprächen, bei denen man Geld herausschlagen möchte, darf man nicht selber anrufen, sondern muß sich verbinden lassen; das ist ein ganz wichtiger Tipp, Leute!). 
Der Direktor ist ausnahmsweise zu sprechen, und wie immer klingt er so, als ob ein Rudel ausgehungerter Tundrawölfe hinter ihm her sei (ich habe keine Ahnung, was ein 'Tundrawolf' ist, aber es klingt gut!). 
"Ich habe eigentlich gar keine Zeit", 
schnauft er atemlos, 
"um drei Uhr ist die nächste Haushaltsausschußsitzung. Worum geht es?" 
So und so, erkläre ich dem Direktor. Wir bräuchten im SCHWAFEL-Projekt dringend noch einen extra großen Bildschirm, einen LCD-Schirm, um genau zu sein, um ... äh ... um bei den Experimenten einer ganzen Gruppe von Versuchspersonen gleichzeitig die ... äh ... konjugiert-komplexe Feedback-Parameterschleife in Echtzeit anzeigen zu können. 
"Aber Sie haben doch erst vor 19 Monaten einen 24-Zoll-Schirm gekauft", 
sagt der Direktor mißtrauisch. Ein Gedächtnis wie ein Elefant; schrecklich, der Mann! 
Ich fasele etwas von nachlassender Tiefenschärfe bei konventionellen Röhrendisplays und ge-cachten Farbtabellen, aber der Direktor war irgendwann selber mal Ingenieur und läßt sich nicht so leicht bullshitten. 
"Na, na, na! Ich habe hier doch auch einen konventionellen Schirm. Der ist schon 3 Jahre alt und immer noch einwandfrei. Nein, nein, nein, nein ... da nehmen Sie mal ruhig Ihren 24-Zöller. Außerdem sehe ich, daß in Ihrem Projektplan so ein Schirm gar nicht vorgesehen ist, und dann haben wir am Ende in den anderen Kategorien nicht mehr genug Geld. Also, wie gesagt, ich muß jetzt weg. Habe die Ehre!" 
Zack! Aufgelegt. 
Ich sitze da, den tutenden Hörer noch in der Hand, und denke scharf nach. Könnte ja sein, daß der Direktor demnächst einen kleinen Unfall hat? Aber dann dauert es ewig, bis ein Neuer installiert wird (ein neuer Direktor), und bis dahin gibt es am Ende noch eine Mittelsperre. Nein, ich will den 36"-Schirm JETZT! 
Ich öffne meinen Mu-Metall-gefütterten Safe und hole meinen 'Seltene-Erden-Magneten' heraus. Zum Glück habe ich keinen Herzschrittmacher, sonst wäre schon allein das Anfassen gefährlich, so stark ist das Magnetfeld dieser schnuckligen, handlichen Dinger (www.dansdata.com/magnets.htm; das war schon wieder ein kostenloser Tipp, Leute!). 
Ich begebe mich ins Damenklo unter dem Büro des Direktors. 
"Sanitärkontrolle!" 
brülle ich und scheuche die ganzen Verwaltungsmiezen hinaus, die sich dort zu ihrem Vormittagsplausch versammelt haben. 
Dann befestige ich den Super-Magneten an der Oberkante einer Klotüre, so daß bei jedem Öffnen und Schließen der Türe das Magnetfeld ungefähr über den Bereich des Schreibtischs des Direktors streicht. Ich brauche euch nicht zu erklären, was dann mit dem Bild auf dem Display passiert ... 
Zurück in meinem Allerheiligsten leite ich meinen Telefonanschluß an die Hotline des Maggi-Küchenstudios weiter. Am zugänglichsten sind hartgesottene Verwaltungsbeamte, wenn man sie erstmal ein paar Tage im eigenen Saft schmoren läßt. 
Als nach vier Tagen immer noch kein verzweifelter Hilferuf bei Frau Bezelmann eingegangen ist, werde ich langsam unruhig. Kann es sein, daß der Direktor Lunte gerochen, vielleicht sogar in eigener Initiative sein Display aus dem Bereich des Supermagneten gerückt hat? Kann eigentlich nicht sein! Es wäre der erste Entscheidungsträger, den ich kennen lerne, der Entscheidungen bezüglich seines Rechners selber fällt. 
Am fünften Tag komme ich wie üblich um elf Uhr in den LEERstuhl und denke im ersten Moment, ich bin auf einer Cocktail-Party: Auf den Gängen lungern die Mitarbeiter herum, trinken Kaffee und tratschen, überall wuseln HiWis ziellos durch die Gänge, kein Mensch arbeitet, niemand sitzt ordentlich an seinem Arbeitsplatz und lädt die neuesten Pornos aus dem Internet. Auf Anfrage erfahre ich von einer Gruppe schadenfroher Diplomanden, daß der Hauptserver des LEERstuhls mit allen Homes ge-crasht sei, und daß der Kollege O. ihn nicht mehr hoch bekomme (den SERVER; nicht, was ihr schon wieder denkt!). Ich merke mir die Namen der am meisten feixenden Studenten für später und begebe mich in den Rechnerraum. Der Kollege O. sitzt an der Konsole, und Marianne äugt ihm kritisch über die Schulter. Frau Bezelmann, die immer dabei ist, wenn eine Katastrophe passiert oder im Anzug ist, steht mit verschränkten Armen im Hintergrund und läßt ständig sarkastische Kommentare von Stapel, die den Kollegen O. auf die Palme bringen. 
"Ich sags jetzt zum letzten Mal", 
sagt der Kollege O. mit gereizter Stimme, gerade als ich hereinkomme, 
"die Platten im Raid sind NICHT kaputt. Der Server meldet zwar plötzlich, daß acht Platten auf einmal ausgefallen sind - acht auf einmal! -, aber wenn ich dann die Platten hardware-mäßig teste, sind sie völlig in Ordnung ... Ich verstehe das nicht!" 
Marianne berichtet mir genervt, daß sie jetzt schon dreimal das Raid-Array neu initialisiert hätten, aber es laufe immer nur ein paar Minuten einwandfrei - und dann fallen plötzlich ohne Anlaß mehrere Platten aus und der Server schmeißt natürlich den Löffel. 
"Vermutlich hat Herr Leisch uns wieder einen hübschen kleinen Virus eingeschleppt!" 
zischt Frau Bezelmann mit unterkühlter Begeisterung in der Stimme. Ich werfe ihr nur einen verächtlichen Blick zu und enthalte mich jeden Kommentars. Marianne erklärt Frau Bezelmann geduldig, daß auf diesen Server unter anderem auch meine Collection gerippter DVDs gespeichert sei (1,8 TeraByte), und es daher ziemlich unwahrscheinlich sei, daß ich meine eigenen Daten sabotieren würde. Frau Bezelmann schnauft nur verächtlich. 
Inzwischen hat der Kollege O. wieder das Array initialisiert und den Server gestartet. Wir beobachten, wie sich die Platten einordnen und das Backup automatisch losläuft. 
Keine drei Minuten später stürzt der Server wieder ab. Panik-Meldungen huschen über die Konsole. 
"Was war das eben?" 
frage ich plötzlich. 
"Schscht! Still!" 
Alle Anwesenden erstarren zu Salzsäulen. Ganz schwach ist ein Rauschen zu hören, das rasch abebbt. 
"Ähm ... Ich glaube, das ist nur die Klospülung im Herrenklo unten bei den Theologen ..." 
sagt Marianne zögernd und guckt mich verwundert an. Ein fürchterlicher Verdacht steigt in mir auf und ich verlasse ohne ein weiteres Wort den Rechnerraum. Unten im Theologenklo (es hängt tatsächlich ein schlichtes Holzkreuz über den Pissoirs) brauche ich nicht lange zu suchen: In einem der Abteile liegt ein älterer, ohnmächtiger Fundamental-Theologe (später im Krankenhaus stellt sich heraus, daß er einen Herzschrittmacher trägt). Auf der Innenseite der Klotüre, genau unter unserem Rechnerraum, finde ich eine ganze Batterie von 20 Supermagneten befestigt. Auf dem Bündel klebt ein ordinärer gelber Notizzettel: 
"With the best compliments, Bastard female Assistent from Heck"
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