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14.05.2005 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Horrorskop
Tequila weiter 
Software Patents 1
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"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
"..." 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
"...<stöhn>..." 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
"... großer Core-Dump, was ...?" 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
"... Oooooaaaaghh, mein Kopf! Wer ... wer wagt es ...? 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
"... wo ist das ... wo ist das ... verdammte Telefon ...?" 
<tast> <herunterschmeiß> <polterpolter> <plumps> ... 
"Oooouuurrrghh! Mein Kopf!" 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
Ich liege neben meinem Bett und versuche verzweifelt, mich aus der Bettdecke zu befreien. Mein Kopf ist mehrere Kubikkilometer groß und wird gerade mit taktischen Sprengköpfen bombardiert. Ich versuche, krampfhaft die Augen zu öffnen, aber irgendetwas versperrt mir die Sicht. Später merke ich, daß es meine eigenen Augenlider sind, die zu Golfballgröße angeschwollen sind. 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
Großer Core-Dump! Ich MUSS dieses Telefon finden oder ich werde wahnsinnig! Ich taste wie wild in meiner unmittelbaren Umgebung herum und schmeiße auch noch die letzten Dinge auf meinem Nachttisch herunter. Mit halbem Ohr höre ich, wie mein Palm zu Bruch geht, aber inzwischen ist mir schon alles egal ... 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
Nie wieder - ich schwöre es bei meinem heiligen Powerbook - nie wieder lasse ich mich von der Bastard female Assistant from Heck (B.f.A.f.H.) in eine Tequila-Bar abschleppen! Nie wie ... 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
"Aaaarrrggghhh!" 
Mit mehr Glück als Verstand bekomme ich den Telefonhörer zu fassen und das infernalische Düdeln hört auf. Erleichtert lasse ich mich zu Boden sinken; allerdings gaaaanz vorsichtig, damit mein Kopf nicht zu sehr beschleunigt wird. Allerdings wird mir jetzt auch noch bewußt, daß ich einen Magen besitze und daß dieser Magen sich entschlossen auf einen Generalreinigung vorbereitet. Irgendetwas quäkt leise. Ich halte den Hörer ans Ohr - bloß nicht zu dicht! Eine synthetische Stimme leiert unbeeindruckt vor sich hin: 
"... wiederhole: dies ist Ihr Telecom-Wake-Up-Call: es ist Freitag, der Dreizehnte, vier Uhr dreißig. Sie haben für heute folgende Aufgaben eingetragen: 
Acht Uhr: Tequila. 
Neun Uhr: Tequila Tequila 
Zehn Uhr: Tequila Tequila Tequila 
Elf Uhr: ..." 
Mein Magen hört dummerweise mit und schaltet auf Alarmstufe rot. Blind wie ich bin schaffe ich es natürlich nicht ins Badezimmer. Was für eine elende Sauerei! 
Fünf Minuten später läßt sich mein Magen endlich davon überzeugen, daß sich ein leeres Behältnis nicht unendlich lang ausleeren läßt. Ich höre auf zu würgen und würge dafür das Telefon ab, das immer noch seine Tequila-Messages vor sich hin leiert. 
Wartet nur, wenn ich die B.f.A.f.H. in die Finger bekomme! Dann werde ich ... werde ich ... ich weiß auch nicht, was ich dann tun werde, aber es wird fürchterlich sein! 
Gewaltsam zwänge ich mit den Fingern meine Augenlider auseinander. Nichts. Genauso dunkel wie vorher! Im ersten Schreck denke ich, daß mich die B.f.A.f.H. gestern mit Methanol abgefüllt hat. Dann kapiere ich, daß es um halb 5 natürlich noch dunkel ist! 
Ich suche und finde den Lichtschalter, beseitige die gröbste Sauerei auf dem Teppich, trinke zweieinhalb Liter Wasser und falle wie tot wieder aufs Bett. Ich habe kaum die Augen geschlossen, als ... 
"Rrrrrriiiinnnnggg!" 
Großer Core-Dump! Ich schnappe den Telefonhörer und brülle hinein: 
"Wenn das jetzt noch so ein gottverdammter Wake-Up-Call ist, dann schwöre ich, daß ich noch heute den zentralen Buchungsrechner der Telecom abschießen werde!!!" 
Nichts. Nach kurzem Schweigen zischt es aus dem Hörer: 
"Ssssind Ssssie dasss, Herr Leissssch?" 
"Frau Bezelmann?! Darf ich fragen, warum Sie mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißen müssen?!" 
Frau Bezelmann macht mich eiskalter Stimme darauf aufmerksam, daß es elf Uhr vormittags sei, und daß selbst ich um diese Zeit manchmal am LEERstuhl aufzuschlagen pflege. Im Hintergrund hört man das hämische Krächzen des Raben Nero. 
Ein kurzer Blick auf die Uhr bestätigt, daß ich offensichtlich noch fünf Stunden wie ein Stein gepennt habe. Wenigstens bekomme ich jetzt schon ohne technische Hilfe meine Augenlider auf Halbmast und die Detonationen im meinem Kopf haben nachgelassen. Frau Bezelmann ist immer noch am Reden: 
"... zwei Ssstudentinnen, die ihre korrigierten Diplomarbeiten abholen wollen. Der Sssstichtag des Prüfungsssamtesss war übrigensss vor einem Monat ..." 
"Sagen Sie ... sagen Sie ..." 
Ich suche verzeifelt unter dem Bett nach dem Ausredenkalender, der sonst IMMER griffbereit auf dem Nachtkästchen liegt. 
"... sagen Sie ... äh ... <blätterblätter> ... daß ... daß ... wegen einem bulgarischen Virus auf meiner Festplatte das Gutachten verloren gegangen ist, und ich es erst wieder eintippen muß. Sie bekommen die Arbeiten dann morgen." 
In Wirklichkeit weiß ich nicht mal, wo diese blöden Diplomarbeiten sind. Ich hoffe nur, daß sie nicht irgendwo auf dem Teppich herumlagen ... 
Zwei Kannen Kaffee und vier Alkaseltzer später sitze ich mit einem Eisbeutel auf dem Kopf an meinem Küchentisch und quäle mich durch die Zusammenfassungen. Zum tausendsten Mal frage ich mich, wann es endlich per Gesetz untersagt wird, daß Zusammenfassungen von Diplomarbeiten länger als eine DIN A4 Seite sind?! Die meisten Diplomarbeiten enthalten sowieso nicht mehr Informationen, als auf einer halben Seite Platz haben! Und dann noch die idiotischen Gutachten! Wieso reicht es dem Prüfungsamt nicht, daß ich unten eine rote 4.0 hinmale? Liest doch sowieso kein Mensch, die Gutachten! Ich wette, im Prüfungsamt sind nur deshalb so viele Beamte beschäftigt, weil sie Tausende von Gutachten zu schreddern haben. Kann ja gar nicht sein, daß die das alles aufheben, da würde die Uni-Verwaltung ja schon längst unter Gutachten begraben sein! 
Seufzend werfe ich mein PowerBook an und rufe mein Standard-Gutachten für weibliche Studentinnen auf. Dann zermartere ich meinen armen Kopf, was ich da außer dem Titel und Namen der Autorin Spezifisches reinschreiben könnte. Dauernd schweifen meine schwärzesten Gedanken ab zur B.f.A.f.H., von der ich nur hoffen kann, daß sich ihr Kopf genauso anfühlt wie meiner. 
"Der grundlegende Gedankengang des Kandidaten bereitet dem Gutachter Kopfzerbrechen", 
schreibe ich. 
"Die Darstellung der Literatur ist eindeutig zu kopflastig." 
Ich merke, wie meine Augen wieder zuschwellen. 
"Es ist schwer zu sehen", 
schreibe ich, 
"auf welches Ziel die Argumentationen der Kandidatin hinausführen sollen! Ein roter Faden ist nicht mal ansatzweise erkennbar!" 
"Die Beschriftungen der Abbildungen sind leider nicht zu entziffern!" 
Mein Verdauungstrakt meldet sich auch wieder zu Wort. Anscheinend ist ihm die Kaffee-Aspirin-Alkaseltzer-Kur nicht bekommen! 
"Es ist bedauerlich", 
schreibe ich, 
"daß große Teile der Hausarbeit allenfalls als Toilettenpapier zu verwerten sind." 
"An manchen Stellen wird die Darstellung so haarsträubend, daß sich dem Leser zwangsläufig der Magen herumdreht!" 
"Das Literaturverzeichnis ist der Form nach leider zum Kotzen!" 
"Die Diskussion in Kapitel 5 kommt einer geistigen Diarrhöe sehr nahe!" 
"Die größtenteils exaltierte Formulierungskunst kann man allenfalls dadurch erklären, daß die Kandidatin während der gesamten Schreibaufgabe unter Alkohol stand!" 
Ich schicke die 'Gut'achten an den Laserdrucker von Frau Bezelmann und gleich noch eine Blanko-Krankschreibung für morgen hinterher. Dann knacke ich den Vermittlungsrechner der Telecom, programmiere fünfzehn nicht-löschbare Weckrufe auf die private Nummer der B.f.A.f.H. und gehe wieder ins Bett.
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