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26.11.2004 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Das Rechnerbenutzerbetreuungsreferat, genauer gesagt war es vermutlich die 'Bastard female Assistant from Heck' (BfAfH), hat mich nach langem und zähem Ringen (ich habe jetzt noch blaue Flecken!) dazu gezwungen, für die neuen Rechner im Praktikum II einen Wartungsvertrag abzuschließen. 
Einen Wartungsvertrag! 
(Bedeutungsvolle Pause, in der man die Raid-Arrays in der Ecke entsetzt aufbrummen hört.) 
Für 16.000 Euro! Einen Wartungsvertrag!! Ich, der Bastard Ass(i) from Hell, muß einen Wartungsvertrag für ein paar popelige Intel-Kisten abschließen!!! 
Ich weiß noch gar nicht, was schlimmer ist: die offensichtliche, gezielte persönliche Beleidigung meiner technischen Fähigkeiten oder die Tatsache, daß mir jetzt sechzehntausend Mäuse für die Anschaffung der nächsten Beamer-Generation fehlen! Womit soll ich jetzt bitte meine Videos gucken? Vielleicht mit dem Vorjahresmodell?! 
Während ich Salbe auf meine blauen Flecken streiche, überlege ich angestrengt, was ein B.A.f.H. in einer solchen, noch nie da gewesenen Situation unternehmen könnte. 
Aber ich kann vor Wut keinen klaren Gedanken fassen. Um erstmal den Kopf frei zu bekommen, marschiere ich los in Richtung CIP-Pool. Der Kollege O., der mir im Gang entgegen kommt und schon den Mund aufmacht, um irgendwelche idiotischen Sorgen am mich loszuwerden, wirft einen Blick auf mein Gesicht, überlegt es sich anders, klappt den Mund wieder zu und flüchtet ins Damenklo. Studenten aller Semester fliehen panikartig vor meinem drohenden Antlitz. 
In der ziemlich vollen CIP-Pool-Halle setze ich mich so unauffällig wie ein Neuntsemester an einen der Rechner und scanne die 450 CIP-Rechner nach Prozessen, in deren Aufruf Wörter wie 'Diss' oder 'Magisterarbeit' oder 'Diplom' vorkommen, und kille bei den entsprechenden Rechnern das Betriebssystem. Ein paar lasse ich 'einfrieren', bei anderen lösche ich die Netzinterfaces. 
Schreckensschreie durchgellen die Halle, eine Studentin fällt sogar gekonnt in Ohnmacht, ein anderer haut verzweifelt immer wieder seinen Schädel auf die Tastatur. 
Nach fünfzehn Minuten ist die Halle deutlich leerer geworden, und ich habe mich soweit abreagiert, daß ich wieder konstruktiv denken kann. 
Zurück in meinem Büro brüte ich drei Stunden lang über dem komplizierten Wartungsvertrag, dann wähle ich kurzentschlossen die Nummer der Hotline. Nach den üblichen fünf Minuten Musac, die die Anrufer milde stimmen sollen, meldet sich eine mürrische Dispatcherin. So und so, erkläre ich brüsk den Grund meines Anrufs, es müsse dringend ein immens wichtiges Software-Paket auf den Intel-Kisten installiert werden, und laut Wartungsvertrag, Paragraph 231, Absatz 17, Satz 3, sei eine Installation von Fremdsoftware durch den Kunden leider nicht zulässig, weil sonst eventuell Ansprüche gemäß Paragraphen 34, 67 und 1547 verfallen würden. 
"Äh ..." 
sagt die Dispatcherin etwas überrumpelt. Vermutlich rufen sonst immer nur Leute an, die die Any-Taste nicht finden können. Hah! Bevor sie auf die Idee kommt, im Wartungsvertrag nachzuschauen, ob ich Recht habe oder nur Bullshit daherlabere, fahre ich schnell fort: 
"In unserem Wartungsvertrag (Paragraph 12, Absatz 2) wurde eine Response-Time von maximal drei Stunden zugesichert. Ich rechne also damit, daß in spätestens drei Stunden von jetzt an, also um ... äh ... genau 15 Uhr 34 und 12 Sekunden das Software-Paket installiert ist! Sonst nehme ich mein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Wartungsvertrags wegen Nichterfüllung wahr (Paragraph 14023, Absatz 3, Satz 22 kleingedruckt in 6 pt)!" 
Dann knalle ich den Hörer auf die Gabel, um der Tussi keine Gelegenheit für irgendwelche Einwände zu geben, und leite meinen Telefonanschluß auf die R.K.f.H. um. Bevor irgendein schlauer Wartunsgtechniker auf die Idee kommen könnte, das Paket einfach remote auf den Rechnern zu installieren, schicke ein kleines buffer overflow package an den sendmail port des Mailservers, der praktischerweise auch die Firewall zum LEERstuhl betreibt. Bis die Jungs vom Rechenzentrum reagieren werden, vergehen mindestens vier Stunden, und solange sind wir erstmal vom Internet abgehängt. 
Keine fünf Cappuccinos später steht ein abgehetzter Techniker vor meiner Türe. Problem ist nur, daß die Türe abgeschlossen ist, und ich nicht in meinem Büro bin. Es dauert weitere fünfundzwanzig Minuten, bis der nervöse Wartungsheini mit Hilfe einer sehr widerwilligen Frau Bezelmann meinen derzeitigen Aufenthaltsort im Experimentellen Praktikum II ausfindig macht, wo ich gerade kontrolliere, ob das unauffällige Leck in der Lachgasanlage noch vorhanden ist. 
(Es gibt kaum ein Praktikum an unserer Universität, in dem die Studenten so locker und fröhlich arbeiten wie in unserem Experimentellen Praktikum II. Daß leider noch nie jemand einen Schein dafür erworben hat, steht auf einem anderen Blatt. Aber das ist eine vollkommen andere Geschichte, die hier nichts zu suchen hat.) 
In der nitro-geschwängerten Luft des Praktikums beruhigt sich sogar der Wartungstechniker ein wenig. Er schaut unauffällig auf seine Uhr und denkt wohl, daß er immerhin noch gute vierzig Minuten Zeit hat - mehr als genug für die Installation eines popeligen Software-Pakets. Im Rechnerraum angekommen fragt er mich, um was für eine Software es sich handele. 
"Was ganz Einfaches", 
sage ich und halte ihm eine CDROM unter die Nase, 
"ein spezieller Batteriemonitor, der die verbleibende Rechenzeit mittels Fuzzy-Logic ermittelt." 
Der Wartungstechniker starrt mich an wie George Bush, als er erfahren mußte, daß es im Weißen Haus keinen roten Knopf zur Auslöschung der Russen mehr gibt. 
"Aber ... aber ...", 
stottert er. 
"Ja?" 
"Aber es sind doch lauter Arbeitsplatzrechner! Die haben doch überhaupt keine Batterie!" 
Ich wuchte den Wartungsvertrag auf den Tisch und deute wortlos auf Paragraph 267, in welchem dem Kunden das ausschließliche Recht zugesprochen wird, über Art und Umfang der installierten Software zu entscheiden, soweit diese nicht elementare Funktionen des OS beeinflusse. 
"Und ich kann mir nicht vorstellen", 
bemerke ich genüßlich, 
"daß ein Batteriemonitor das OS in irgendeiner Weise negativ beeinflußt." 
Der Wartungstechniker stöhnt und will sich an die Arbeit machen. Ich räuspere mich bedeutungsvoll. 
"Was denn noch?" 
fragt der Techniker genervt. 
"Laut Wartungsvertrag sind bei der Installation von Software eines zertifizierten Fremdherstellers bestimmte Prozeduren vorgeschrieben (Technical Annex C, Paragraph 17 und 19)", 
sage ich. 
"Dazu gehört die Probeinstallation der Software und ein Reboot auf einer Referenz-Installation. Der Referenzrechner für das Cluster steht dort drüben." 
Ich deute auf einen 3,6 GHz Dual-Boliden, den Marianne sich für ihre idiotischen Finite-Elemente-Simulationen reserviert hat. 
Der Techniker installiert in wenigen Minuten den vollkommen überflüssigen Batteriemonitor und bootet den 'Referenzrechner' neu. Es dauert keine vierzig Sekunden und Marianne steht auf der Matte, zornschnaubend, weil ihre Simulation abgebrochen wurde, und mit ihrem Titanium-Posaunenkasten bewaffnet. 
In Erwartung etwaiger Komplikationen bei der Installation und auch weil ich die Anwendung brutaler Gewalt eigentlich nur in Computerspielen gutheißen kann, habe ich mich kurz vorher diskret zurückgezogen und warte das Ende der Kampfhandlungen auf dem Gang ab. 
Nachdem Marianne - zum Glück ohne mich zu sehen - das Feld geräumt hat, schau ich nach, was von dem Wartungstechniker übrig geblieben ist. Erst als ich einige umgestürzte 19-Zoll-Racks beiseite geräumt habe, kann ich den Techniker an seinem linken Bein aus dem Trümmern ziehen. Er starrt mich mit seinem noch offenen Auge an und stammelt: 
"Was ... was war DAS denn?!" 
"Das war Marianne", 
erläutere ich. 
"Wenn sie einen Mann sexuell attraktiv findet, ist sie nicht mehr zu halten." 
"A ... attraktiv?" 
Ich nicke ihm aufmunternd zu. 
"Wenn Sie auf S&M stehen, können Sie ja beim Hinausgehen mal bei ihr vorbeischauen und sie zum Abendessen einladen. Zimmer 324" 
Ich gucke auf meine Armbanduhr. 
"Wenn sie dann noch im Büro ist. Freitags geht sie manchmal schon um halb vier ..." 
Der Wartungstechniker beschließt, Marianne lieber gleich aufzusuchen. 
Während ich mit halbem Ohr auf die Schreie in Mariannes Büro lausche, verfasse ich eine offizielle Kündigung des Wartungsvertrags wegen Nicht-Erfüllung der Response-Time.
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