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21.08.2007 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Wenn es den technischen Fortschritt nicht gäbe, müßte man ihn erfinden! Weil ... neue Technik heißt immer auch neue Möglichkeiten für den Bastard X from Hell! 
Zum Beispiel die neueste Marotte, daß alle Welt lieber Windows-Laptops mit sich herumschleppt, anstatt zu Hause und im Büro jeweils einen vernünftigen Linux-PC zu installieren, der sich über DSL synchronisiert. Und natürlich braucht man/frau dann noch eine Dockingstation, eine Tasche, externe Laufwerke und ... und ... und ... Ganz abgesehen davon, daß meine untrainierten Kollegen schiefe Schultern von ihrem Schlepptop bekommen, kostet der ganze Zusatzkram zusammen schon wieder mehr als die zwei besagten PCs ... 
Naja, mir soll's recht sein - vor allem vor dem Hintergrund, daß ich als Systemadministrator nur für die FEST INSTALLIERTE Hardware zuständig bin. 
Ich klaue also in der Zentralwerkstatt eine Sprühdose mit Isolieröl und verbringe einen fröhlichen Nachmittag damit, bei allen vakanten Dockingstations des LEERstuhls die Port-Kontakte einzusprühen. 
Keine zwei Stunden später steht Marianne auf der Matte und behauptet, ich würde wieder 'am Netzwerk herumfummeln', so daß ihr Laptop kein Verbindung bekäme. 
Ich deute wortlos auf meinen Big-Brother-Monitor, wo alles im grünen Bereich leuchtet, aber Marianne, die durch den jahrelangen Umgang mit mir so mißtrauisch wie ein australischer Wüstenfuchs beim Versicherungsmakler geworden ist, läßt sich nicht so leicht abwimmeln. 
"Dann hast du halt meinen Raum aus dem Patchfeld genommen, oder so was!" 
Ich halte ihr den Schlüssel zum Patchfeld unter die Nase und sage, daß sie gerne selber nachschauen könne. Marianne weiß, daß ich das niemals anbieten würde, wenn am Patchfeld was nicht stimmen würde; also läßt sie die Hypothese sofort wieder fallen. 
"Warum kommst du nicht lieber mit dem Netzmonitor in mein Büro und testest meine Internetdose?!" 
schlägt sie statt dessen vor, hartnäckig wie ein tasmanischer Teufel, der sich in ein T-Bone-Steak verbissen hat. 
"Weil ich genau weiß, daß die Dose funktioniert, und ich für mobile Hardware nicht zuständig bin!" 
"Aber die Dockingstation ist nicht mobil!" 
"Die Dockingstation funktioniert ja auch; es ist dein blöder Laptop, der nicht funktioniert." 
"Woher willst du wissen, daß die Dockingstation funktioniert?!" 
"Weil ich sie hier auf dem Big-Brother-Monitor sehen kann; das heißt, daß sie auf 'ping' antwortet." 
"Wenn ein Rechner auf 'ping' antwortet, heißt das noch lange nicht, daß er auch funktioniert!" 
kontert Marianne. 
"Das stimmt, aber eine Dockingstation ist kein Rechner sondern nur eine Schnittstelle. Und wenn die Netzkarte auf 'ping' antwortet, wüßte ich nicht, was sonst noch kaputt sein sollte." 
Inzwischen ist der Kollege O. in der offenen Türe aufgetaucht und verfolgt interessiert unserem Disput. 
"Falls es etwas Licht in die Angelegenheit bringen sollte: mein Laptop bekommt auch kein Netz ...",
sagt er. 
"Ha!" 
ruft Marianne, als ob damit alles klar wäre. 
Ich dagegen verweise kühl wie eine frisch eingeschenkte Campari Soda auf den Big-Brother-Monitor, wo die Dockingstation des Kollegen O. fröhlich grün leuchtet. 
"Du willst uns doch nicht einreden, daß bei zwei Laptops gleichzeitig die Netzverbindung ausfällt, oder?!"
Ich mache die Kollegen - es haben sich inzwischen noch drei notorische Laptop-Schlepper eingefunden - darauf aufmerksam, daß es sich bei den Laptops um Windows-Systeme handele, bei welchen bekanntermaßen plötzliche Mißkonfigurationen wahrscheinlicher sind, als es nach Murphey's Law zulässig sei. 
Sehr lautes Gemurre von seiten der Kollegen mit deutlich drohenden Untertönen ist die Antwort; Marianne schaut sich nach ihrem Titan-Posaunekasten um. 
"Also gut!" 
sage ich laut, um das Gegrummel zu übertönen. 
"Ich sag's noch einmal laut und deutlich, daß ich nur für das Netzwerk und fest installierte Komponenten zuständig bin. Ich nehme jetzt - ausnahmsweise - meinen Netzwerkmonitor und prüfe bei euch allen, ob am Kabel, das in eure Dockingstation reingeht, ein Netz zur Verfügung steht. Wenn dem aber so ist, und ich also recht gehabt habe, dann schuldet mir der- oder diejenige einen Kasten Bier ..." 
Keine halbe Stunde später bin ich um ca. 50 EUR reicher, die ich sofort anschließend in der Trattoria in der Schellingstraße in ein opulentes Mittagsmahl eintausche. 
So gegen drei Uhr schleppe ich mich mühsam zurück in mein Allerheiligstes, um mich für den Rest des Tages in die Hängematte zu wälzen. Aber bevor ich in mein Büro schlüpfen kann, fängt mich Marianne ab, die gerade aus der Werkstatt gestürmt kommt. In der einen Hand hält sie die Sprühdose mit dem Isolieröl, in der anderen schwenkt sie den infernalischen Posaunenkasten. 
"Was ist das hier?!" 
will sie drohend wissen. 
Grundregel No 1 für den Bastard X from Hell: Wenn man mit harten Beweisen erwischt wird, rennen! 
Grundregel No 2: Wenn man nicht rennen kann, lügen! 
"Keine Ahnung", 
lüge ich also dreist, weil an Rennen nicht zu denken ist. 
"Was ist das?" 
"Isolieröl!" 
"Kann mir nicht vorstellen, daß das gut für deine zarten Hände ist. Du solltest mal Aloe Vera probieren ..." 
"Lenk' jetzt nicht ab! Was hat das Zeug in unserer Werkstatt zu suchen!?" 
Mein Gehirn, völlig übersättigt von drei Stunden italienischer high cuisine, sucht fieberhaft nach einer plausiblen Erklärung - findet aber keine! 
Grundregel No 3: Wenn man komplett in der Falle sitzt, jemand anderem die Schuld zuschieben! 
"Äh ... Yogi Flop verwendet das manchmal, um ... um die statische Aufladung seiner Opto-Maus zu unterbinden. Dahinten kommt er ja gerade. Frag' ihn doch selber ..." 
Marianne dreht sich nach dem nicht vorhandenen Yogi Flop um, und ich rette mich mit einem verzeifelten Tigersprung in mein Allerheiligstes und knalle die atombombensichere Stahltüre ins Schloß. 
Dumpfes Poltern der Stärke 6,5 auf der Richterskala sagt mir, daß Marianne vergeblich versucht, ihren Posaunenkasten als Ramme einzusetzen. 
Nun ja. Das bedeutet vermutlich, daß ich heute nicht vor neun Uhr nach Hause gehen kann. Wieder vier Überstunden! Ein Scheißstress, dieser Job!
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